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Machtverhältnisse im Blick

Gastkommentar von Dina Yanni.

Noch bis 30. November 2014 findet in Wien der Monat der Fotografie statt. Zahlreiche Events und Ausstellungen befassen sich dabei mit dem fotografischen Bild. Ein Anlass, um über einige Zugänge und Perspektiven in diesem so vielfältigen Bereich nachzudenken.

Dass eine Fotografie kein Abbild der Realität ist, sondern eine Konstruktion derselben, wird heute kaum noch bestritten. Aber warum werden die gesellschaftlichen Blickwinkel und Positionen der FotografInnen so wenig reflektiert, wird doch vermeintliche Wirklichkeit aus ihrer Perspektive erzeugt?

Eine Fotografie gibt oft mehr Auskunft über den Blickwinkel der Person, die auf den Auslöser gedrückt hat, als über das auf dem Bild festgehaltene Motiv. Dies wird etwa am Beispiel der Reisefotografie deutlich: Welchen Informationsgehalt hat ein Foto einer bunt gekleideten Frau auf dem Markt in Lima, das die ansonsten weißen Wände einer Kunstgalerie oder einer Wiener Wohnung schmückt? Ein solches Foto soll zu verstehen geben, dass der/die FotografIn weit gereist ist, keine „Berührungsängste“ gegenüber anderen Kulturen hat und daher aufgeklärt und gebildet ist. Er oder sie inszeniert sich als EroberIn und AbenteurerIn.

Welche Erkenntnis aber vermittelt dasselbe Foto über die Frau, die abgebildet ist, oder über die Stadt, in der sie lebt? Kennen wir ihren Namen, ihre Lebensumstände, und will sie überhaupt fotografiert werden?

Fotografische Ausstellungen im Amateur- wie auch im professionellen Bereich richten in der Regel den Blick auf das Motiv, aber kaum kritisch auf sich selbst. Dabei wäre doch gerade das interessant.

Oft dient eine Fotografie auch dazu, sich der eigenen Position in der Gesellschaft zu versichern. Man fühlt sich vertraut und wohl dabei, einfach zu knipsen, wenn die Kreativität „anklopft“. Wenn etwa die dunkle Haut spielender Kinder in Delhi einen so effektvollen Kontrast zu dem Hintergrund der hellen Tempelmauer ergibt. Mitgemeint ist in einem solchen Bild, dass es sich bei den „Einheimischen“ um eine homogene Gruppe von Menschen handelt, deren Namen oder Lebensumstände wir nicht kennen müssen – sie sollen einfach ein schön komponiertes Bild abgeben. Leider ein starker Hinweis auf rassistische Diskursführung.

So wie die Gesellschaft ist auch die Fotografie nicht frei von Machtverhältnissen, von Rassismus, Sexismus und Exotismus. Die Kritische Weißseinsforschung hat den Fokus verschoben – von jenen, die diskriminiert werden, auf jene, die Diskriminierung ausüben und davon in unterschiedlicher Weise profitieren. Sie hat auch mit dem Verständnis gebrochen, dass Rassismus nur in böser Absicht passiert und gezeigt, dass Rassismus in die Strukturen unserer Gesellschaft eingebettet ist und gerade deshalb funktioniert, weil er von denen, die ihn ausüben, sehr häufig gar nicht wahrgenommen wird.

Warum sind Fotojurys in großer Mehrheit weiß? Warum gewinnt ein World Press Photo, das afrikanische Migranten zeigt, und nicht eines, das von einem afrikanischen Migranten aufgenommen wurde? Warum werden die peruanische Frau auf dem Markt und die spielenden Kinder in Delhi nicht nach Ihrer Einwilligung gefragt, bevor ihr Bild als Urlaubstrophäe auf Flickr kursiert? Warum werden in Fotozeitschriften qualvoll exotisierte Bilder Schwarzer Menschen in abenteuerlicher Umgebung reproduziert? Warum nehmen kritische und emanzipative Initiativen kaum Raum im fotografischen Mainstream ein?

Ist eine Fotografie, die die Dekonstruktion von Machtverhältnissen anstrebt, nicht viel reizvoller als eine, die den Status quo stützt?

Ein privilegierter Blick lässt sich nicht abstreifen wie ein Kleidungsstück. Aber es lässt sich ein erster Schritt tun mit der Bereitschaft, die Aufmerksamkeit auf die eigenen Vorurteile und daraus resultierende Machtvorsprünge zu lenken. Fotografieren mit Respekt und auf Augenhöhe wäre doch nett. Natürlich bedeutet das auch für mich bei selbstkritischer Prüfung, einige meiner Arbeiten zu überdenken. Denn Rassismus wird am effektivsten dort bekämpft, wo seine Bekämpfung auch die meiste Arbeit bedeutet: bei sich selbst.

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Dina Yanni ist Politologin, Film- und Fotokünstlerin.


Foto (c) commons.wikimedia.org/wiki/File:Camera_Obscura_box18thCentury.jpg>...




[Artikel/Gastkommentar/07.11.2014]





    Artikel/Gastkommentar


    07.11.2014
    Machtverhältnisse im Blick

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