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IN THE HEAD LINE OF FIRE


Was lässt sich über Boulevard-Journalismus noch schreiben, was nicht schon zigfach wiederholt wurde, zumal an dieser Stelle, in einem Medium, das nicht zuletzt aus Protest über die exorbitante Medienkonzentration in Österreich gegründet wurde? Nun, weit mehr, als sich auf den zur Verfügung stehenden Seiten unterbringen lässt, soviel ist klar und notwendiger denn je. Somit sind die Beiträge dieser Ausgabe – wie auch vieler anderer, aber in diesem Fall besonders – als Ansatzpunkte zu lesen, Zugänge und Querverbindungen zu einem Thema herzustellen, das selbst oft in jene Schubladen gepresst wird, die es beliefert. Sie versteht sich als Decouvrierung von Strukturverschränkungen, Freilegung von Wirkungsmechanismen, die ein genaues Hinschauen erfordern.

Erstaunlich oft fiel bei den bei uns zum Thema Boulevard eingelangten Texten die Assoziation zum Begriff Leben. Im Reflux-Artikel Jugend für Leben geht es um radikale AbtreibungsgegnerInnen und ihre Propaganda-Methoden, die ebenso menschenverachtend – ausgerechnet, wo man sich doch den Lebensbegriff auf die embryonal-katholischen Fahnen heftet – sind wie jene der größten Tageszeitung Österreichs, wenn sie gegen interkulturelle Kunst- und Kulturvereine hetzt, Gelder für diese als Verschwendung bezeichnet und damit auch den Menschen, denen diese zugute kommen, die Legitimität ihrer Existenz (!) abspricht. Selektion als politisches Programm – soweit war man schon einmal und es ist keineswegs überzeichnet, anlässlich solcher Propaganda auf faschistische Parallelen hinzuweisen, es wäre im Gegenteil fahrlässig, es nicht zu tun. Eine Medienlandschaft, die eine derartige Konzentration wie die österreichische aufweist, ist prädestiniert dafür, derlei Ideologien breite Wirkungskreise zu verschaffen – wie dringend hier Handlungsbedarf besteht, ist bekannt, getan wird, wie sooft, dennoch nichts – Stichwort Kartellrecht. Womit die Kronen Zeitung an Hetz- und Empörungsjournalismus tagtäglich die Gemüter ihrer LeserInnen sich in wonniglicher Ereiferung suhlen lässt, klingt bei Heute, dem Gratis-Tagesblatt der Dichand-Schwiegertochter, nach Kontrastprogramm, deckt aber exakt jenes Bedürfnis, das die Krone schürt – Glitzertand in einer bösen, bedrohlichen Welt, Fluchtpunkt Promi-Märchen und der wiederum wohlige Schauer: die haben auch Troubles, Schadenfreude des Kleinen-Mann-Konstrukts: Wir wollen keine Negativgeschichten, sondern nur positive Storys für unsere jungen Leser bringen. Schöne Menschen in schönen Kleidern! Die Gegenwelt also, und wie frappant erinnert Eva Dichands Satz an die wütend-entnervte Replik Erich Kästners beinah hundert Jahre zuvor auf die penetrant-naive Frage einiger LeserInnen seiner Texte, Herr Kästner, wo bleibt das Positive?, die er mit Ja weiß der Teufel, wo es bleibt! beantwortete.

Unter das Motto Was wir umbringen stellte Karl Kraus einst seine Fackel, und eben dieses trifft auf den heutigen Boulevard und seine Methoden zu. Wie durchgeplant Boulevards als Schlachtenschauplätze angelegt sind und auch als solche fungieren, zeigt ein Blick in die Baugeschichte, sowohl die straßentechnische wie die mediale.

Schutthalden von Broken Dreams säumen die Paradewege demagogischer Welterklärungen und unhinterfragter und –kritisierter Machtgefüge. Mit Ausnahme einer handvoll Profiteure, Kriegsgewinnler, bleiben letztlich alle auf der blutigen Strecke.

Sprache, Bild, Straße sind die Baumaterialien, mit denen Öffentlichkeit geschaffen wird, sie sind es, die es in Hand, Kopf und Mund zu nehmen gilt, wenn man das Feld nicht kampflos räumen will (sofern man dies nicht längst getan hat…). Denn auch und gerade wenn es um die Macht über Informationen, Meinung und damit Gesellschaftsstrukturen geht, gilt die Frage nicht nur nach der Verteilung der Güter sondern zu allererst nach jener der Produktionsmittel.


Artikel zur Verfügung gestellt von ausreißer http://ausreisser.mur.at/ (Evelyn Schalk)...




[Artikel/ausreißer/08.10.2010]





    Artikel/ausreißer


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    25.07.2011 Bis an die Grenzen

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    03.02.2011 Ordnungsfragen, Antwortzucht

    10.12.2010 Im Fluss

    08.10.2010 IN THE HEAD LINE OF FIRE

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