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Obergrenzen! Richtwerte! Maximalkontingente! Her damit! Sofort!




Ein Kommentar, eine Aufforderung, ein Manifest


Ja, ich bin für Obergrenzen. Sofort und unter allen Umständen. Für ihre Einhaltung ist mit allen Mitteln zu sorgen, ab sofort.

Fangen wir an bei den Obergrenzen für die Verletzung von Menschen-, Verfassungs- und Völkerrechten wie der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Menschen- und EU-Recht auf Asyl. Es sind nämlich genau diese Gesetze, die jene Werte darstellen, nach denen Regierungen sich zu richten haben.

Dann wäre da die Obergrenze für Waffenexporte und Rüstungsausgaben. Bei Nichteinhaltung plädiere ich auf Schießbefehl.

Ich bin weiters für eine rigide Obergrenze von Handelsbeziehungen zu Regimen, die TerroristInnen finanzieren, deren Opfer wir nur dann beweinen, wenn sie auf europäischem Boden geboren und gestorben sind.

Fraglos bedarf es auch endlich der Obergrenzen für EU-Agrarsubventionen, die in Entwicklungsländern ganze Volkswirtschaften ruinieren, eines Nullprozentwertes für Spekulation auf Lebensmittel, die regelmäßig Hungersnöte auslösen, eines rigiden Richtwerts für Exportförderung, die die reichsten Staaten auf Kosten der Ärmsten noch reicher macht und einer abgrundtiefen Begrenzung von Zollschrankendemontagen auf Billigimporte, die menschenunwürdige Löhne und Arbeitsbedingungen, nicht zuletzt in und für europäische Konzerne, auf der anderen Seite der Welt für unseren Billigkonsum bedingen.

Dazu kommt die Obergrenze für die Umsetzung von Freihandelsabkommen, die ArbeitnehmerInnenrechte aushebeln, soziale Ungleichheit weiter vergrößern und ökologische Minimalstandards drastisch reduzieren.

Außerdem bin ich für eine Obergrenze bei der Anhäufung von Vermögen, die dazu führt, dass 62 Superreiche soviel besitzen wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung, also 3,6 Milliarden Menschen.

Ich bin für eine Obergrenze jener Verluste (aktuell 1000 Mrd. Euro pro Jahr in der EU), die Steuerflüchtlinge wie Konzerne und eben jene Superreichen plus Konsorten verursachen – gestohlene Milliarden, Kosten, die allen anderen aufgehalst werden und die diese schweigend übernehmen, während gerade einmal 12,5 Mrd. für die Versorgung von Schutzsuchenden ausgegeben werden.

Einer Obergrenze bedarf es für die Zulässigkeit von sozialer Hetze, die Mindestsicherung als soziale Hängematte denunziert und für Koalitionen, die überprüfen lassen wollen – nach welchen Kriterien auch immer –, ob selbst anerkannten Flüchtlingen diese im selben Ausmaß zusteht wie „Einheimischen“ bzw. gleich auf eine generelle Reduktion bestehen. Klar, dann bleibt den 62 Superreichen wenigstens noch ein bissl mehr, nur so als Richtwert... 1

Eine Obergrenze für Ungerechtigkeit muss her, für die himmelschreiend unfaire Verteilung von Macht, Geld und Wohlstand.

Ich bin für eine Obergrenze an Einsparungen von Ausgaben für Sozialleistungen, Bildung, Kunst und Kultur zugunsten von Bankenrettung und Elitenschutz – 19 Mrd. Euro allein hat die österreichische Bevölkerung die Rettung der Hypo-Alpe-Adria gekostet. Wo ist sie, die Obergrenze? 2

Ich bin für die Einführung eines Maximalkontingents an PolitikerInnen, die sich links oder christlich schimpfen und die Agenden rechter DemagogInnen erfüllen. Die zulässige Zahl überschreitet jede/r Einzelne, der weiterhin seiner Tätigkeit nachgehen darf.

Und die Obergrenze jeder Zulässigkeit ist ebenfalls überschritten, wenn die Bezeichnung einer Partei diametral den politischen Handlungen ihrer FunktionärInnen entgegen steht. Die Entscheidungen der SPÖ sind weder sozial noch demokratisch, die der ÖVP weder christlich noch im Sinne des Volkes.

Aber es muss auch eine Obergrenze für verbale und inhaltliche Übertretungen von Präsidentschaftskandidaten geben, die von Grünen unterstützt werden und blaues Vokabular der Entsolidarisierungspolitik übernehmen. Wer „Wirtschaftsflüchtlinge“, die vor einer Wirtschaft fliehen, von der europäische Konzerne in ihren Herkunftsländern profitieren, in dem sie sie ausbeutete, verhungern, verdursten und die Perspektiven auf ein lebenswertes Dasein gegen Null gehen lassen, nur „sehr zögerlich“3 aufnehmen will, soll für die FPÖ antreten.

Es muss eine Obergrenzen geben für Presseförderung, und zwar ausschließlich betreffend jene Printmedien, die rassistische Hetze betreiben und statt Informationen billige Propaganda verbreiten, die das Denken auf Null reduziert.

Und ich bin für die Einführung und bedingungslose Umsetzung von Obergrenzen für Aufenthaltserlaubnissen für Rechtsextreme, Konsequenz: Entzug der Staatsbürgerschaft und Abschiebung – in sichere Drittstaaten. Wobei noch es zu klären gilt, inwieweit diesen eine solche Belastung zugemutet werden kann.

Ich bin für klare Obergrenzen in der Verwendung von Worten und Sprachen, die Menschen zu Naturkatastrophen enthumanisieren und als faschistisches Propagandawerkzeug selbige Ideologie ins tägliche Sprechen und Denken re-implementieren.

Und dringend nötig sind Obergrenzen für jene, die sexuelle Übergriffe für rassistische Propaganda benutzen und Frauen so gleich doppelt missbrauchen.

Ich bin für eine äußerst niedrige Obergrenze von verbleibenden Amtstagen für Außenminister, die Gewalt gegen Schutzsuchende rechtfertigen und noch zur medialen Kurzmeldung degradieren: „Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen“4 und damit selbst das hässlichste Bild abgeben, oder die Lage von Geflüchteten in Griechenland als „höchst komfortabel“5 bezeichnen.

Die Obergrenze für die Toten im Mittelmeer und auf diversen Routen nach und durch Europa gehört als erstes eingehalten, sie beträgt exakt Null und ist nur durch die Schaffung sicherer und legaler Wege in dieses Europa zu gewährleisten. Das Gegenteil ist derzeit der Fall und 28 europäische Regierungen verantworten tausende Tote. Und jeden Tag werden es mehr. Nicht zufällig, nicht unbeabsichtigt, nicht ungewollt, sondern geplant, vorsätzlich und gnadenlos.

Einen Richtwert hingegen fordere ich für Bundeskanzler, die sich zu willfährigen Vollstreckern solcher tödlichen Politiken machen, und dieser Richtwert heißt Rücktritt.

Ich bin für eine Obergrenze von Kilometern, auf denen Zäunen errichtet werden – diese liegt bei Null.

Ich bin für eine Obergrenze jener Gelder, die dafür ausgegeben werden, statt und auf Kosten von Menschenleben Grenzen zu schützen.

Ja, ich wäre auch für eine Obergrenze von Blödheit, doch schon Einstein wusste, das in ihr die einzig wahre Grenzenlosigkeit zu finden ist.

Die Obergrenze an Toleranz gegenüber jenen, die all diese Limits ignorieren, ist längst überschritten. Nun gilt es, die Konsequenzen zu ziehen. Denn ansonsten sind statt Menschenwürde, Frieden und Grundrechten die Richtwerte ganz rasch und ausschließlich Stacheldrähte, Panzer und Schießbefehle.


Evelyn Schalk




[1] http://derstandard.at/2000029410115/Asylgipfel-Obergrenze-bis-2019-fixiert-die-Umsetzung-ist-voellig-offen

[2] Empfehle diesbezüglich einen Blick auf http://milliardenstadt.at/ „Wie groß ist eine Stadt, die man um diese Summe bauen könnte?“ Und wievielen Geflüchteten, Wohnungslosen, Hungernden, Traumatisierten könnte man damit ein menschenwürdiges Leben in einer solchen ermöglichen?

[3] http://oe1.orf.at/artikel/429331

[4] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/01/13/oesterreich-zu-grenz-sicherung-es-wird-nicht-ohne-haessliche-bilder-gehen/

[5] http://derstandard.at/2000029321907/Aussenminister-Kurz-fuer-Grenzschliessungen


Bild: (c) Evelyn Schalk: Grenzverläufe. YOU ARE CROSSING A BORDER. La Biennale d'Arte di Venezia, 2011
...




[Kolumne/schalk/28.01.2016]





    Kolumne/schalk


    09.03.2017 zur reform der presseförderung

    28.01.2016 Obergrenzen! Richtwerte! Maximalkontingente! Her damit! Sofort!

    03.09.2015 Über Grenzen des radikalen Herzschlags

    26.03.2012 Küchengespräche mit Rebellinnen

    26.03.2012 Sommer 1972

    24.03.2012 American Passages

    23.03.2012 Tlatelolco

    23.03.2012 Triple E – Experiment, Engagement, Enttarnungen

    21.03.2012 Zum Auftakt lodert die Sparflamme

    13.04.2008 Hausbesetzung von A bis Z

    09.12.2007 Outside the Land of Human Rights

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    17.03.2007 Wortfront: Lieder eines postmodernen Arschlochs

    20.03.2006 Michael Heltau (und die Wiener Theatermusiker): Best of Brel

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