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In Afrika bei Graz
Hohe Fenster, ein kleiner Kirchturm, alte Bäume – fast herrschaftlich mutet das große gelbe Haus am Hügel an. Doch wer die schmale Zufahrtsstraße in den Hof weiter fährt, ahnt schon, dass hier nicht die Wohlhabenden ein und aus gehen. Die Gefährte der Bewohner sind gebrauchte Fahrräder mit großen, flachen Plastikkörben am Gepäcksträger. Vor der Haustür eine alte, zerlegte Küchenbank, aus dem Inneren dringt der intensive Geruch nach Fisch und Zwiebeln. Heraus eilt ein älterer freundlicher Herr mit Brille, Bruder Eduard Nagler. Der Leiter des Afrika-Hauses der Comboni-Missionare in Messendorf hat den 70. Geburtstag schon hinter sich, doch von Ruhestand keine Rede. 16 Afrikaner leben zurzeit in den zehn Zimmern des Hauses. Zehn sind Asylwerber, die anderen studieren, sind berufstätig oder gerade arbeitslos.
Enttäuschte Hoffnungen
„Ich nenne Bruder Eduard meinen Vater und meinen Bruder“, bringt es Samuel Umar aus dem Sudan, ein Megaphon-Verkäufer, auf den Punkt. Tatsächlich ist der Comboni-Missionar, der zehn Jahre in Kenia gelebt hat, mehr als der klassische Hausleiter. Über das Wirtschaftliche zum Beispiel mag er gar nicht lange reden: „Vom Geld des Landesflüchtlingsreferates bleiben mir zwölf Euro pro Mann und Tag. Damit sind wir die letzten Jahre gerade so über die Runden gekommen.“ Punkt.
Was ihn wirklich bewegt, sind die vielfach enttäuschten Hoffnungen der Hausbewohner. Eben erst ist ein Nigerianer untergetaucht. Er hat als Mechaniker in einer Werkstatt gearbeitet, in der man ihn anstellen wollte – rechtlich keine Chance. Dann ist der negative Asylbescheid gekommen. „Ich hab ihm gesagt: Geh freiwillig heim, als freier Mann“, warnte Bruder Eduard ihn vor der Schubhaft. „Aber er glaubt immer noch, dass ein Schrieb kommt, dass er hier bleiben darf.“ Die aktuelle Diskussion über ein Bleiberecht sorgt für trügerische Illusionen.
Die meisten aber wissen, dass sie kaum eine Chance haben. Eduard Nagler erzählt von einem Mann aus Ghana, der in seiner Heimat Lastkraftwagenfahrer war und hier eine Ausbildung für Gefahrenguttransporte gemacht hat. Vier Firmen wollten ihn anstellen, aber jedes Mal hat er den Bescheid bekommen, dass er nicht arbeiten darf. „Alle sind traurig“, sagt der Afrika-Haus-Leiter und ergänzt nachdenklich: „Ich hab schon Mitleid, eh klar, sonst könnte ich meine Arbeit gar nicht machen.“
Ans Herz gewachsen
Die Gnadenlosigkeit des Fremdenrechts versucht Bruder Eduard durch Milde auszugleichen. Manchmal mit einem gewissen pädagogischen Anspruch: „Wenn einer einen Deutschkurs besucht, zahle ich ihm die Monatskarte.“ Manchmal auch einfach so: „Wenn ich merk, ein armer Teufel braucht es, zahl ich ihm halt einen schönen Anzug“, so der gebürtige Südtiroler. „Die Afrikaner sind mir ans Herz gewachsen.“ Er mag ihre Lebensfreude und ist stolz, dass alle im Haus – mit unterschiedlichen Konfessionen – religiös sind, nicht rauchen und nicht trinken. Samuel Umar kommt nach den anstrengenden Stunden im Straßenverkauf gerne heim: „Du bist in Afrika und in Graz. Hier wirst du von deinen Brüdern immer warm empfangen. Alle sind freundlich.“
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[Artikel/artifex/08.11.2007]
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