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Eine Werbedurchsage, durchaus ernstgemeint, zu Gunsten von ICORN
Für Städte, die keine Lippizaner haben und keinen Jedermann, bietet ICORN eine Alternative, um den Minimalanschein an Kultiviertheit zu erwecken. Sie sind pflegeleichter als Rockstars und Tenöre, günstiger als Damien-Hirst-Retrospektiven und geschmackssicherer als André-Heller-Zirkus-Tage. Leisten auch Sie sich welche für Ihre Stadt: Verfolgte AutorInnen!
Das muß nicht sein! Die Lösung für Sie: ICORN!
ICORN ist das International Cities Of Refuge Network: Ein Städtebund, der dazu da ist, AutorInnen und JournalistInnen von überall auf der Welt unterzubringen, denen zu Hause wegen Zensur, Verfolgung, Bedrohung oder sonstiger Schikane gegen freie Meinungsäusserung der Boden zu heiß geworden ist. ICORN ist dabei keine Flüchtlingsorganisation, und die AutorInnen, die ICORN unterbringt, reisen nicht als Flüchtlinge. Das bedeutet für Sie, verehrteR StädtefunktionärIn, dass Sie all den Ruhm genießen können, den mutiger humanitärer Aktivismus mit sich bringt, ohne aber auch nur das geringste Quantum echten Mut zu benötigen: Wenn es nachher von Seiten der politischen Mitbewerber heisst, Sie hätten schrecklicherweise eineN weitereN AsylantIn in die Stadt geholt, können Sie getrost auf den Umstand verweisen, dass Ihr ICORN-Gast nach Ablauf seiner Residency wie vereinbart wieder verschwinden und das hübsch geschlossene Weltbild der - äh - bürgerlichen WählerInnenschaft keinesfalls länger als nötig stören wird.
Wenn irgendwas schiefgeht, z.B. weil einE GastautorIn das mit der Meinungsfreiheit naiverweise auch bei Ihnen in der Stadt ernst meint, können Sie sich vor der erzürnten Bevölkerung abputzen
Alles, was Sie zu tun haben, ist, eineN AutorIn für zwei Jahre mit einer Residency zu versorgen - vergleichbar etwa mit der Grazer Stadtschreiberstelle, aber doppelt so lang.
Falls unter den LeserInnen dieser Werbeeinschaltung nun hoffnungsgemäß auch Verantwortliche gerade der Grazer Kulturverwaltungsinstanzen sind, wird sich ihnen vermutlich längst der Gedanke aufgedrängt haben: "Wofür brauchen wir ICORN? AutorInnen aus zum Teil komplizierten politischen Kontexten für je ein Jahr bei uns aufnehmen, das machen wir schon länger!" Die Antwort hierauf ist einfach: Machen Sie einfach weiter, was Sie schon bisher gemacht haben (nur halt mit zweijährigen statt einjährigen Stipendien), und schreiben Sie auf dieses Ihr schon eingespieltes Treiben halt in Zukunft zusätzlich noch "ICORN" drauf (vorausgesetzt, Sie werden sich darüber mit der ICORN-Leitung einig). Es winken doppelt so viel Ruhm und Ehre bei gleich viel Arbeit in dieser Sache wie bisher... Oder Sie könnten ganz was Verrücktes machen und eine zusätzliche StipendiatInnenstelle einführen!
Zu den erfreulichen Aspekten einer Beteiligung an ICORN für Sie gehört auch, dass Sie die Distinktion geniessen würden, die erste österreichische Stadt zu repräsentieren, die mitmacht. Sogar Ljubljana war da schneller! Wenn gerade Ihre Stadt es sein sollte, die in dieser Hinsicht den ersten Schritt macht und den Stolz der Nation wieder herstellt, könnten Sie ja ein großes Gewese mit Brötchen und Ansprachen und "Bekenntnissen zur Meinungsfreiheit" und dergleichen leeren Repräsentationsgeräuschen mehr veranstalten. Je nach Ihrem persönlichen Geschmack beim Catering könnte es sich vielleicht sogar ausgehen, dass Ihrem Stadtsäckel die Residency selber billiger kommt als das Eröffnungsbrimborium dazu.
Link: www.icorn.org
Bildrechte: Bestimmte Rechte vorbehalten von Sparre
Original: http://www.flickr.com/photos/sparre/179691511/
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