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Auswärtswaschgang

Waschsalon. Es gibt ihn auch in Graz: den Waschsalon. In Zeiten billiger Elektrogeräte stellt sich die Frage, wer denn da wäscht? Ein Besuch im Reich des Weichspülers.

30, 40, 60, 90 Grad lautet die Zauberformel an der Ecke Brückenkopfgasse-Griesgasse. Hier befindet sich Graz’ einziger Selbstbedienungswaschsalon. „Mit dem Geschäft bin ich zufrieden“, meint Barbara Reiter, der der Laden seit 2004 gehört. „Unser Plus ist, dass wir mit einer Heißwasseraufbereitungsanlage arbeiten, so haben wir immer 90 Grad zu Verfügung. Eine Kochwäsche ist in 38 Minuten fertig“. Das geht hurtig.
Im Rhythmus der Trommel. Es ist Montag Vormittag. Durch die großen Fensterscheiben, die den Blick auf den Griesplatz ungehindert freigeben, fällt kaltes Licht aus einem ebenso kalten Jänner auf die roten Waschmaschinen. Die Neonröhren an der Decke machen das Ganze nicht wärmer. Einige Waschtrommeln surren gemütlich vor sich hin. Drei Tische und Bänke laden zum Warten ein. Ein Kaffee- und Getränkeautomat verspricht Stärkung. Personal gibt es keines. Einmal am Tag kommt Frau Sylvia und schaut nach dem Rechten. Der Schlüssel zum Wäscheglück ist eine Wertkarte, auf die man Geld aufladen und mit der man auch alles bezahlen kann. Ein Waschgang von sieben Kilo Wäsche bei 40 Grad kostet beispielsweise 3,90 Euro, Waschpulver ist um 0,90 Cent erhältlich, für das Trocknen sind 0,80 Cent zu berappen.
Viele bringen sich ihr Waschmittel selbst mit, manche in den üblichen Handelspackungen, andere aber haben ihre Reinigungsmittel in kleine Döschen und Fläschchen gefüllt, so dass sie leicht zu transportieren sind. So wie Herr K. Er lebt mit seiner Frau in einer kleinen Wohnung in der Nähe. Waschmaschine hätten sie keine, meint er, dafür fehlten sowohl der Platz als auch das Geld. Seine Frau tue sich beim Gehen sehr schwer, das Alter setze ihr zu. Deshalb erledige er das Wäschewaschen. Die Wäsche hat er in einem kleinen Handwägelchen, das zwei Steiermarkaufkleber zieren, mitgebracht. „Ich wüsste nicht, wo ich unsere Wäsche sonst waschen sollte“, sagt er.
Ganz anders ist es bei Herrn S., der am Geidorfplatz eine kleine Garconniere hat, dort aber nur selten wohnt. „Eine Waschmaschine habe ich natürlich. Ich war jetzt aber längere Zeit nicht zuhause, hab` acht Maschinen voll Wäsche gehabt, wo soll ich die trocknen?“, meint er, er, der früher als Seemann auf den Weltmeeren unterwegs war und auch jetzt noch beruflich viel in Norddeutschland, aber auch im Arabischen Raum unterwegs ist.
Buntwäsche. Die Kundschaft im Waschsalon ist bunt gemischt; manche sind StammkundInnen, manche kommen nur gelegentlich. Emil, Klimatechniker aus Rumänien, ist zum ersten Mal da - seine Waschmaschine ist kaputt. Simone, Studentin aus dem Gesäuse, hat irgendwie keine eigene, wie viele StudentInnen. Peter, Fahrer bei den GVB, ist derzeit Single und hat auch keine, Jörg, Glasbautechniker, meistens irgendwo auf Montage, hat zwar eine, aber ein kleine, die nichts für die Bettwäsche ist, Frau B und Frau O, beide über 80 Jahre alt, haben auch keine, dafür haben sie sich hier kennen gelernt. Gordian aus Wien macht in Graz eine kaufmännische Ausbildung und hat am Abend Judo-Training. Er hat einen Kimono mitgebracht, der noch nicht trocken ist; das soll sich schleunigst ändern.
So macht der Waschsalon an der Ecke viele glücklich. Alleinstehende, Verheiratete, ArbeiterInnen, PensionistInnen, StudentInnen, InländerInnen und AusländerInnen. Sie alle dürfen hier am Griesplatz das tun, was sonst den Politikern im Wahlkampf vorbehalten ist: einmal ordentlich Schmutzwäsche waschen.

(Namen teilweise geändert)
Text: Gerhard Löffler, Foto: Christopher Mavric...




[Artikel/megaphon/03.02.2009]





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