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Zurück in China

WURZELN. Geboren in China und in Österreich aufgewachsen: Im April besuchte MEGAPHON-Mitarbeiterin Jin Yan mit Freund und Familie ihr Geburtsland. Blitzlichter einer Rückreise.


Im Alter von fünf Jahren bin ich von der südchinesischen Provinz Zhèjiang nach Österreich ausgewandert und hatte das Glück, eine völlig andere Kultur und Mentalität kennen zu lernen. Dank dieser neuen Erfahrung bin ich heute, 21 Jahre später, in der Lage, mir das Beste aus beiden Kulturen herauszunehmen.

Lebe um zu Essen. Essen zählt zu den Lieblingsbeschäftigungen der ChinesInnen. Alles fängt mit einem Essen an und hört mit einem Essen auf. Kein Chinese würde auf die Idee kommen, ohne Frühstück zur Arbeit zu fahren oder eine andere Tätigkeit auszuführen. ChinesInnen reden beim Frühstück über das Mittagsessen, beim Mittagsessen über die Zwischenmahlzeit usw. Trifft man sich in China, lautet einer der ersten Fragen, die man seinem Gegenüber stellt: „Hast du schon gegessen?“ Ein traditionelles Mittagessen besteht aus einer Schale Reis, Suppe und weitere Fleisch-, Fisch- oder Gemüsegerichte, die von Provinz zu Provinz variieren. Die Auswahl ist groß und jeder isst das, wozu er Lust hat. Die Frage „Darf ich kosten?“ entsteht hier erst gar nicht.

Ich will dich kennenlernen. In Graz bin ich die Exotin und mein Freund, ein Österreicher, fällt nicht auf. In China war es genau umgekehrt. Auch hat man mir in Österreich beigebracht, dass es unhöflich ist, mit dem Finger auf jemanden zu deuten, oder Leute zu indiskret anzuschauen. Ganz anders in China: Nicht selten wurde mein Freund mit offenem Mund lange angestarrt, ganz gleich ob wir am Land waren oder in einer Großstadt. Eine Frau geriet sogar ins Stolpern und wäre fast der Länge nach hingefallen vor lauter Schauen. Oft wurde er von wildfremden Menschen in ein nettes Gespräch verwickelt. Ich hatte das Gefühl, dass sich ChinesInnen freuen, wenn sie eine neue Bekanntschaft machen. Diese natürliche Neugier und das ehrliche Interesse für Neues und Fremdes helfen ungemein, Berührungsängste abzubauen. Es ist ein „Ich kenne dich nicht – ich will dich kennen lernen“, hier in Österreich würde der Spruch lauten „Ich kenne dich nicht – ich kenne dich nicht“.

Schnaps für die Ahnen. Verlässt jemand aus meiner Provinz das weltliche Leben, dann mit Pauken und Trompeten. Der Sarg wird, begleitet von vielen Leuten, lärmend durch die Straßen getragen. Man ist weder leise noch zurückhaltend. Etliche Kracher werden gezündet, sodass es nur so raucht. Fast scheint es so, als würde man dem Toten zu Ehren noch einmal richtig Party machen. Die letzte Ruhestätte liegt bei uns zu Hause auf einem Berg. Der Aufstieg kann bis zu zwei Stunden dauern. Es werden kleine Höhlen ausgehoben, um Platz für den Sarg zu schaffen. Der Eingang wird durch eine große Steinplatte verschlossen. Vor dem Grab stehen oft ein runder Steintisch und runde Sessel. Jedes Grab wird individuell mit Tieren, Figuren und vielen chinesischen Schriftzeichen verziert. Bei einem Ahnenbesuch wird immer geweihtes Papier, das Geld darstellen soll, und Schnaps mitgenommen. Durch das Verbrennen des Geldes wird dem Vorfahren sozusagen das nötige Kleingeld für das Jenseits geschickt. Durch das Verschütten von Schnaps vor dem Grab lädt man den Verstorbenen auf ein Getränk ein. Die ganze Traurigkeit verfliegt und es ist mehr ein netter Ausflug ins Grüne um mit einem Menschen Schnaps zu trinken, den man vielleicht nie kennengelernt hat.

BU:
Fremd und nah: Jin Yan und Freund Robert Roth in Shanghai
Text: Jin Yan, Foto: privat


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[Artikel/megaphon/05.07.2010]





    Artikel/megaphon


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