´^` zurück ! neu... * alle kategorien
Zabriskie Point: davor und danach
Damage Control, Zerstörung von A bis Z, die aktuelle Ausstellung im Grazer Kunsthaus liefert ein weites Spektrum von Zerstörung in der Kunst. Die Kunst an sich kann nicht zerstört werden, sie trägt diese Unmöglichkeitsform in sich und ist somit von jeder Totalzerstörung oder Vernichtung vermeintlich ausgenommen. Auch wenn die weltweite militärische Agenda mit dem Feuer der Zerstörung spielt, ein kalkulierter Schaden – damage control – dabei sich nahezu apokalyptisch in den Raum hineinzeichnet, sind wenigstens die zum Denken anregenden Schmelzkoordinaten sichtbar gemacht. Die Zeitrafferverfahren verdeutlichen die Ästhetiserungsversuchungen um zerstörerische Spielräume, welcher “Sprengung” auch immer. Ein Plan, der von einem wüsten Hot-Spot ausgeht, von Michelangelo Antonionis Zabriskie Point, der in Hitzewellen ganze Buchregister und Seiten “Schön-Durcheinander-wirbelt.” Der Film, aus den 70er Jahren, fehlt hier, hat aber ungemein viele Nachahmer gefunden. Mein Begleiter, der Wiener Künstler Michael Endlicher, hat in einer seiner Videoarbeiten nicht Kürbisse sondern Wassermelonen gesmasht, sodass einem die Kerne um die zeitpolitisch infiltrierten Augen fliegen. Dabei stellt sich für mich die Frage nach der Zerstörungsabsicht innerhalb des künstlerischen Handlungsspielraumes, der „Search-and-Destroy-Effekt“, um einen Neubeginn einer Neuordnung zu behaupten. Tod und Auferstehung. Irgendwo wird angefangen werden müssen, wenn die Erkenntnis soweit nachlässt, dass die kontrollierte und vorsätzliche Zerstörungsabsicht dem kreativen Schaffensprozedere das historische Fundament liefert. Auch diese Ausstellung nennt sich historisch, wohl um der Gegenwart keinen Spiegel zu schenken. Eine Gitarre, die einem LKW hinterher geschleift wird, liefert ein eigenständiges Klangbild, oder wird das wenigstens so behauptet. Das Clash-Cover “London Calling” wird hier ebenso ausgenommen, wie die Zertrümmerung des Instruments bei The Who und ihres Soundspektrums. Von einer sanfteren Positionierung aus dem Umkehrschluss heraus, hin zu einer Wachstumsvariante, kann ich erst nach dem Erstschlag und dem innewohnenden Schock heraus ausgehen, ohne lebensverspielt die Folgerichtigkeit von Auslösung und Auslöschung dabei zu berücksichtigen. Aus Sägespänen wird wieder eine Gitarre oder ein Klavier, aus Flugstaub ein Blumenstrauß ... der an New Orders “Ceremony” erinnern und klingen lässt. Die atomaren Pilze verwandeln sich aber schwer rückwärts ins ursprüngliche saftige Landschaftsprofil; innerhalb der verspielt-filmischen Ästhetik, der innewohnenden Fusion und ihrer zugrundeliegenden Perversion, die sich gerade augenblicklich historisch bedingt aus erzählen will, wie die logische Schlussfolgerung einer bereits ausufernden Ära ... Zerstörung, die Menschenleben und Kulturerbe (Heritage ist das steirische herbst Thema 2015) wie auch immer kontrolliert ausradiert, und das Eigenständige anscheinend unbewusst suicid-tendenziell angreift. Dort, wo sich die künstlerische Freiheit bewusst eine Pistole an die Schläfe setzt, ein alter VW-Käfer im Gletscherstau von Schmelzwasser versinkt, überall dort ist das Kalkül des selbst inszenierten Suizids auf Raten schmerzhaft und einsichtig aus der Geschichte heraus spürbar. Unentwegt erfolgt der Selbstangriff und wurde die vermeintliche Kontrollinstanz dem Individuum selbst entzogen, sodass Wir als Gesellschaft offensichtliche Schadensdimensionen in Kauf nehmen um diese “kontrolliert” zu verdeutlichen. Störungen werden ebenso wie die Zerstörungen innerhalb der sozialen und politischen Felder und ihre globale Verflachung hinein produziert, was ins Unkontrollierte zu entgleiten droht. Die grundsätzliche Absicht von Störung muss nicht unbedingt Zerstörung beinhalten - und wenn man sich das Pariser Attentat auf Charlie Hebdo verdeutlicht, geht es genau darum: Störung – Verstörung – Zerstörung. Das Folgemaß, das eine Potentierung der Störung in sich trägt und eine Spirale in Gang setzt. Ebenso wie Gewalt durch mediale Vervielfältigung und Verbreitung Massephänomene bewirkt, den Glauben, dass Informationsdichte etwas Dienliches sei, dass Multiplikatoren eben diesen Vorgang über Buchstabenkombinationen und den Gehalt A-Z auch in Kauf nehmen. Die Kunst darf diesen Zabriskie Point im Kern eines Atompilzes freisetzen, dass dem Rezipienten der Mund offen steht, die Kunst hat sich jede Form von Freiheit genommen und ihre Meinungsfreiheit über die Meinung hinaus erkämpft, um die Doppeldeutigkeit von Damage - Control erkennbar zu machen und in Frage zu stellen, wie auch die Wandlungsmöglichkeit. Und das alles geschieht zu einem historischen Zeitpunkt über 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, heute, wo von der Kanonenbastei ein Schussattentat von “Schwarzer Hand” vorbereitet den aristokratischen Figurinnen einen Ansatz zum Diskurs liefern will, eine Klammer von Washington bis nach Belgrad herzustellen ... und das im Angesicht der serbischen Nato - Bombardementsopfer und deren Aufarbeitung. Diese “Nur-Störung” stellt den vermeintlichen Bezugsrahmen zwischen Washington, Intendanz-Türrahmen und dem Kunsthaus her, eine Bezugsachse, die offensichtlich strategisch aneinandergerückt die selbstinszenierte kontrollierte Zerstörung publikums- und ausstellungsfähig in die Geschichte verdonnert. Kritisch fügen sich gerade um diese Impressariotür kontrollierte Sicht- und Richtweisen zueinander – und aus dem Blickwinkel der United States sieht eben dies wiederum anders aus. Ob dabei der Überblick gewahrt bleibt, bleibt im Kontrollzwangsmuster einer Schadensbegrenzung global nur zu hoffen. Dabei erhört sich REMs : It´s the end of the world as we know it, unerhört modern, Umdrehung für Umdrehung weiter über die Tellerränder hinaus. Wir sind gerade in der Gefahr gelandet, Störungen der Zeit in eine totalitäre Massenhypnose abgleiten zu lassen, sodass man für jeden wahren wärmenden Sonnenstrahl dankbar sein darf.
(c) http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Zabriskie_Point,_Death_Valley_%285471516060%29.jpg
...
(c) http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Zabriskie_Point,_Death_Valley_%285471516060%29.jpg
...
[Kolumne/n.nagy/28.01.2015]
Kolumne/n.nagy
06.11.2017 Flüchtig
05.10.2017 Who can it be NOW?
01.09.2017 Kurz oder Lang
31.07.2017 Konzentriert Euch
20.07.2017 Kunst: eine Verantwortung
12.06.2017 Weisses Papier
17.05.2017 Salz im Tanz
04.04.2017 Es wurmst
07.03.2017 Two for Twelve
08.08.2016 Micro Galleries
22.07.2016 Pubculture
21.06.2016 Spiel und die Welt
12.05.2016 Friendly Alien
25.04.2016 Spielfelder
04.03.2016 WE COME AS FRIENDS
26.02.2016 Sound the beast
09.02.2016 Free China
13.12.2015 Happy?
10.11.2015 SPIELFELD
16.10.2015 Mein K(r)ampf
14.10.2015 Die Revolution frisst - Vereine die gerne AGs wären
13.07.2015 Der Fremde
10.06.2015 Vagabunden
20.03.2015 An-Statt-TV-Land
20.02.2015 FPF Filmpionier Bernhard Frankfurter
28.01.2015 Zabriskie Point: davor und danach
12.12.2014 Xmas3
14.11.2014 Klick it
20.10.2014 herbstpartie-y
23.09.2014 Dort – wo uns die Sprache erfindet
27.08.2014 Zukunft war gerade – und jetzt!
06.06.2014 Ein Sonntag im Mai
29.04.2014 Damals - Zeiten der Unruhe
24.03.2014 Krieg - Art
14.02.2014 Cooperale
11.11.2013 Straßennarben
10.10.2013 Das blaue Wunder - eine Brücke
05.09.2013 Belämmert mich - nicht.
05.08.2013 Take Care – cam me free
06.07.2013 Kunst-Aufwertung
03.06.2013 Über Kinder der Iris
13.05.2013 Grundlagen. Wer lehrte die Biene?
27.03.2013 Venedig
08.03.2013 HAARP - Harfenspieler
29.01.2013 Keine Angst
06.12.2012 Der Hofer wars ...
29.11.2012 Sieben
08.10.2012 Flashmobbing
07.09.2012 Club-Subculture again
02.08.2012 Keplerkoje - Gnadenlose Flut
25.07.2012 Zuviel Hitze
02.07.2012 Erdbeweger
18.05.2012 LEND WIRBELT
10.04.2012 Sturm - Kratzer am Meer
27.03.2012 Aufruf des Erinnerns (Iden des März)
16.02.2012 2nd Floor - stadtmuseum
23.01.2012 Neue Heimat
04.01.2012 Das verborgene Museum
29.11.2011 Bleibt Papier geduldig?
03.11.2011 Macht Platz
19.09.2011 Much too Much . Zuviel ist Zuviel
02.08.2011 Gries-Gardening
18.07.2011 Eine „Annen4elfolge“
29.06.2011 Arbeit macht über die Freiheit der Kunst freier
26.04.2011 ...oder dem Tanz das Töten verging
22.02.2011 3-25 ist -23
10.01.2011 Minus 18-25
06.12.2010 United - und eine Diagonale
12.10.2010 “Better Together”
24.08.2010 Smok-ie
27.07.2010 Grauschleier „Sport und Brötchen statt Drogen“
07.07.2010 Urbanes Verhandeln
31.05.2010 Es gilt die Unschuldsvermutung
30.03.2010 Black is Black
02.03.2010 Alles Schweigen - Shining: Ein Schubhaftgefängnis - Lager - in Vordernberg?
02.02.2010 "Jojo"
14.01.2010 Hotel §5 MRK
15.12.2009 Theater der Unterdrückten - das Weltforum-Theaterfestival aus Graz
15.11.2009 Schatz des Arif
30.10.2009 Mur-Boal
30.09.2009 Hanedke
13.09.2009 Daheimatlos
08.08.2009 Parkland
08.08.2009 Daheimatlos
10.06.2009 Kunst sollte man auch kaufen
05.05.2009 Einmal Arbeit genügt.
14.04.2009 Akademie Ortlos
09.03.2009 Frühlingsverfolgen
02.12.2008 Transkaukasische U-Boote
08.10.2008 Shanti-Kunstsitzen
12.09.2008 BECAUSE
10.07.2008 REGIONAL (e)
27.06.2008 Frühsommerspiele
08.04.2008 Nico will es wissen
05.03.2008 Alles Schall und Rauch
05.03.2008 Die üblichen Verdächtigen
23.02.2007 Über fall?
05.07.2006 Bürgerwehren, Bettler und Fremde I
04.07.2005 Nicht jeder ist eine Minderheit?
13.06.2005 Gugi TV
31.03.2005 Frühlingserwachen
09.03.2005 Alles Lug ..?
25.02.2005 Frauen in die Küche – Keller unter Wasser
31.01.2005 „Melodie“
25.01.2005 Amen Dschijas
10.11.2004 Mr. President
05.10.2004 Zeit der Zigeuner Teil II
04.10.2004 Zeit der Zigeuner (1. Teil)
22.09.2004 Adieu Marius
14.09.2004 He romare!
09.09.2004 Vielleicht kalt duschen .....
28.07.2004 GRAZ ERZÄHLT
21.07.2004 Aufgabe: „Alavitien“
24.06.2004 Wie du sagen „Kassa"
09.06.2004 Kindermusiker oder der Bürgermeister, der Pfarrer und die Diva