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Micro Galleries
(changing the world in small and creative ways)
Eigentlich wollte ich dem ehemaligen Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes Ludwig Adamovich mit seinem Namen titelgebend für das Street-Art-Bild von Keyvan Paydar vorschlagen, um auf Adam hinzuweisen, den biblischen Ur-menschen und die grundsätzlich verfasungsrechtlich gewährleisteten Menschenrechte. Der Künstler benannte das meterhohe Gemälde jedoch schließlich Adamski und nicht Adamovich. Aus der Wunde an dem dunkelhäutigen Protagonisten könnte ein Rippe entsprungen sein, jedoch korrespondiert die Blutspur mit dem links von der Kleegasse einsichtigen Frauenkopf von Robin Abramovic, dem bosnischen Bambsky, Titel: 8372 ... 2 Flüchtlingsschicksale. Zwischen den beiden Street-Art-Gemälden befindet sich das Durchfahrtstor mit der Aufschrift “5 Lärchen.” Niemand erinnert sich mehr, daß in diesem Hotel, bis in den fünften Stock hinauf, Asylwerber untergebracht waren. Darunter waren viele Afrikaner. 8372 könnte ihre neue Postleitzahl sein? Die Zinnenlandschaft der Mauer um den Parkplatz des vormaligen Asylheims wurde vom heimischen KünstlerInnenkollektiv Artfactory mit “Colors for Europe” grossflächig gestaltet. Die Rosenkranzgasse weiter, dicht aneinander gereiht, befinden sich dann hölzerne Seekühe, als “Soft- Evolution-Projekt”, welche sich weiter stadteinwärts in einer Strandgutsammlung von Liina Klauss über Schwemmgut von den Stränden Hongkongs her anschwemmt. Dazwischen steht die freundlichste Blumengeste der Stadt in Lebensgröße, die Anders- oder Fremdsein zum Geschenk stilisiert und die Schmerzlevel auflöst.
Micro Galleries bespielen in Kooperation mit Bohemian Soul einen der ödesten Flecken der Stadt, um die Rosenkranzgasse und um die Reichengasse im Grazer-Griesviertel. Ende Juni 2016 hat hier zum Griesplatz hin die Guntra (La-Kunsthure) eröffnet und ist diesmal Anlaufstelle für Micro – Space: Open Air Galleries. Dieses freie Konzept entstand in Australien, wanderte über Kapstadt, Bali, Hongkong schließlich nach Europa – nach Graz. Für 2 Wochen sind die Kunstwerke in der Reichengasse genehmigt, danach muß alles wieder ins Alltagsgrau-braun rückgeführt werden. Schon kurz nach der Bekleisterung der Wände kam es zu ersten Vandalismusakten gegen die Kunstwerke, der Regen tut sein übriges. Die Kunst setzt sich dabei direkt aus. Aber gerade diese Hotspots liefern die Rechtfertigung zur Kunst überhaupt. Neben dem lokalen KünstlerInnenteams, darunter auch das timeOut-collective, finden wir internationale Teams in der Reichengasse, der wohl längsten offenen Freiluft-Gallerienmeile der Stadt. “Was ist, wenn die Kunst verbannt ist, und um Asyl ansuchen muß,” steht fragend im Raum, betrachtet die Kunst als Asylsuchende; und damit erfährt eine der schäbigsten Gassen von Graz ihre internationale Aufwertung. Die Reichengasse wird zum Asyl auf Zeit. In einem eigenständigen Einreichwettbewerb wurde lokal ausgewählt, finanziert wurde über crowdfunding und über Eigenleistungen. Micro Galleries dürfte subventionstaktisch überdimensional und international wohl “zu gross” angelegt worden sein, aber das ist sichtbar kein Vorwurf - sondern genau das Gegenteil. Weil gerade die Vielzahl der Arbeiten dem Projektcharakter entspricht, um ein nachhaltig permanent entstehendes Netzwerk über Australien. Indonesien und Hongkong hinaus zu erzeugen; dabei entsteht ein sehr wesentlicher In-put für das sommerliche Graz und eine Aufwertung um den Griesplatz. Beim Sichten der Reichengasse fällt mein Blick auf die auffallend hohe Qualität der zeitkritischen Fotografien und Fotodokumentationen, wie jene von Andre Eichmann oder David Permadi. Alexander Treves dokumentiert syrische Opfer- und Täterprofile, wobei zweitere unsichtbar gestaltet wurden. Gerade die unlesbare Blindenschrift von Ariadne Sevgi Avkiran und Elissa Erikson sind Zeugnis für unser aller Wahrnehmungsdefizit, die Schönheit - “with open eyes everything has beauty” zu erkennen oder im besten Fall zu fühlen. Diese Micro-Art-Gallerie kann man bei all den Schwergewichtern um das Kunstgeschehen herum, gerade wegen ihrer Leichtfüssigkeit, Spontanität und Selbstorganisation nur gutheißen. Hier überhebt sich auch keiner kostenmäßig; Muskel muß man nicht spielen lassen, da das Werk aus sich heraus und mit dem Ort korrespondiert. Die Vögel zum Griesplatz geben diese klaren Signale weiter, dass das hier befristet gewährte Asyl, die Kunst nicht aussterben lassen wird. Die Pandabären werden der Frage gerecht vorort bleiben. Nur das Kunstkollektiv um Micro Galleries wird auschwärmen und weiter fliegen. Dabei darf man den KünstlerInnen und Organisatoren für ihren selbstlosen Einsatz danken und auf zukünftige internationale Projekte – mit Grazer Kunstschaffenden – gespannt sein.
© Bildrechte: n.nagy...
[Kolumne/n.nagy/08.08.2016]
Kolumne/n.nagy
06.11.2017 Flüchtig
05.10.2017 Who can it be NOW?
01.09.2017 Kurz oder Lang
31.07.2017 Konzentriert Euch
20.07.2017 Kunst: eine Verantwortung
12.06.2017 Weisses Papier
17.05.2017 Salz im Tanz
04.04.2017 Es wurmst
07.03.2017 Two for Twelve
08.08.2016 Micro Galleries
22.07.2016 Pubculture
21.06.2016 Spiel und die Welt
12.05.2016 Friendly Alien
25.04.2016 Spielfelder
04.03.2016 WE COME AS FRIENDS
26.02.2016 Sound the beast
09.02.2016 Free China
13.12.2015 Happy?
10.11.2015 SPIELFELD
16.10.2015 Mein K(r)ampf
14.10.2015 Die Revolution frisst - Vereine die gerne AGs wären
13.07.2015 Der Fremde
10.06.2015 Vagabunden
20.03.2015 An-Statt-TV-Land
20.02.2015 FPF Filmpionier Bernhard Frankfurter
28.01.2015 Zabriskie Point: davor und danach
12.12.2014 Xmas3
14.11.2014 Klick it
20.10.2014 herbstpartie-y
23.09.2014 Dort – wo uns die Sprache erfindet
27.08.2014 Zukunft war gerade – und jetzt!
06.06.2014 Ein Sonntag im Mai
29.04.2014 Damals - Zeiten der Unruhe
24.03.2014 Krieg - Art
14.02.2014 Cooperale
11.11.2013 Straßennarben
10.10.2013 Das blaue Wunder - eine Brücke
05.09.2013 Belämmert mich - nicht.
05.08.2013 Take Care – cam me free
06.07.2013 Kunst-Aufwertung
03.06.2013 Über Kinder der Iris
13.05.2013 Grundlagen. Wer lehrte die Biene?
27.03.2013 Venedig
08.03.2013 HAARP - Harfenspieler
29.01.2013 Keine Angst
06.12.2012 Der Hofer wars ...
29.11.2012 Sieben
08.10.2012 Flashmobbing
07.09.2012 Club-Subculture again
02.08.2012 Keplerkoje - Gnadenlose Flut
25.07.2012 Zuviel Hitze
02.07.2012 Erdbeweger
18.05.2012 LEND WIRBELT
10.04.2012 Sturm - Kratzer am Meer
27.03.2012 Aufruf des Erinnerns (Iden des März)
16.02.2012 2nd Floor - stadtmuseum
23.01.2012 Neue Heimat
04.01.2012 Das verborgene Museum
29.11.2011 Bleibt Papier geduldig?
03.11.2011 Macht Platz
19.09.2011 Much too Much . Zuviel ist Zuviel
02.08.2011 Gries-Gardening
18.07.2011 Eine „Annen4elfolge“
29.06.2011 Arbeit macht über die Freiheit der Kunst freier
26.04.2011 ...oder dem Tanz das Töten verging
22.02.2011 3-25 ist -23
10.01.2011 Minus 18-25
06.12.2010 United - und eine Diagonale
12.10.2010 “Better Together”
24.08.2010 Smok-ie
27.07.2010 Grauschleier „Sport und Brötchen statt Drogen“
07.07.2010 Urbanes Verhandeln
31.05.2010 Es gilt die Unschuldsvermutung
30.03.2010 Black is Black
02.03.2010 Alles Schweigen - Shining: Ein Schubhaftgefängnis - Lager - in Vordernberg?
02.02.2010 "Jojo"
14.01.2010 Hotel §5 MRK
15.12.2009 Theater der Unterdrückten - das Weltforum-Theaterfestival aus Graz
15.11.2009 Schatz des Arif
30.10.2009 Mur-Boal
30.09.2009 Hanedke
13.09.2009 Daheimatlos
08.08.2009 Parkland
08.08.2009 Daheimatlos
10.06.2009 Kunst sollte man auch kaufen
05.05.2009 Einmal Arbeit genügt.
14.04.2009 Akademie Ortlos
09.03.2009 Frühlingsverfolgen
02.12.2008 Transkaukasische U-Boote
08.10.2008 Shanti-Kunstsitzen
12.09.2008 BECAUSE
10.07.2008 REGIONAL (e)
27.06.2008 Frühsommerspiele
08.04.2008 Nico will es wissen
05.03.2008 Alles Schall und Rauch
05.03.2008 Die üblichen Verdächtigen
23.02.2007 Über fall?
05.07.2006 Bürgerwehren, Bettler und Fremde I
04.07.2005 Nicht jeder ist eine Minderheit?
13.06.2005 Gugi TV
31.03.2005 Frühlingserwachen
09.03.2005 Alles Lug ..?
25.02.2005 Frauen in die Küche – Keller unter Wasser
31.01.2005 „Melodie“
25.01.2005 Amen Dschijas
10.11.2004 Mr. President
05.10.2004 Zeit der Zigeuner Teil II
04.10.2004 Zeit der Zigeuner (1. Teil)
22.09.2004 Adieu Marius
14.09.2004 He romare!
09.09.2004 Vielleicht kalt duschen .....
28.07.2004 GRAZ ERZÄHLT
21.07.2004 Aufgabe: „Alavitien“
24.06.2004 Wie du sagen „Kassa"
09.06.2004 Kindermusiker oder der Bürgermeister, der Pfarrer und die Diva