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Straßennarben

“Unter seinen Schlägen und Tritten, stellte ich mich schließlich mit einem Schrei tot, und legte meinen schmerzenden Kopf gegen die Treppenkante. Dann schrie der Mann: “Jetzt kannst sehen, wie wir mit einer solchen Sau, wie mit dir umgehen.” Nach drei Tagen stand ich wieder aus der Nacht heraus auf - drei Tage nach meinem Geburtstag.” (Diary, n. nagy, 11.4.1998, Graz, Café´Jedermann)

Der Täter war einer von denen, die behaupteten, dass es vor 1938 niemals 6 Millionen Juden in Europa gab. Einer von zu vielen Leugnern.

Oben wie Unten. Vorne wie Hinten. Die Zeit. Warum immer noch altösterreichischer Generalstab Straßen und Brückennamen beherrscht und nicht geistreichere Zeitgenossen die Namen längst übernommen haben – Namen, die ich aus den Stolpersteinen heraus ausmachen kann. Zu Boden geneigt, den Blick in der Vergoldung verfangen, kann ich nur in aller Ruhe anerkennen, dass es wieder November geworden ist. - auch 75 Jahre danach. In der Nacht auf den 10. November wurden in Österreich 30 Juden getötet, 7800 verhaftet und 4000 sofort nach Dachau deportiert. Das Wort Pogrom stammt aus dem Russischen her und bedeutet Unwetter oder Verwüstung. Man hat den Eindruck, dass die ÖsterreicherInnen durch die Zeit stolpern, dass ein antisemitischer Grundton gepaart mit absurden Verschwörungstheorien die Menschen nach wie vor verdreht, eine Feindlichkeit geschürt wird, vor der nicht oft genug gewarnt und erinnert werden kann. Gerade rechtzeitig ins Herbstlicht erscheint Anfang November Victoria Kumars “In Graz und andernorts – Lebenswege und Erinnerungen vertriebener Jüdinnen und Juden”, im Clio Verlag. Intention der Autorin ist, Betroffene zu Wort kommen zu lassen und anhand persönlicher Erinnerungsberichte „Menschen sichtbar zu machen“, die während der Zeit des Nationalsozialismus diskriminiert, verfolgt und vertrieben wurden. Im Zentrum stehen lebensgeschichtliche Erzählungen von Jüdinnen und Juden, die ihren
Lebensmittelpunkt in den 1930er Jahren in Graz hatten, 1938 aus Österreich fliehen mussten und in den unterschiedlichsten Ländern Exil und/oder Heimat fanden. Gleichzeitig wurde das 800 Meter lange Lauftextmahnmal der Künstlerin Catrin Bolt fertig gestellt, das einen Bericht des Oberrabiners David Herzog über die Misshandlungen in der Radetzkystrasse, Radetzkybrücke, Brückenkopfgasse, bis zum Griesplatz hin eindringlich dokumentiert. Auch wenn diverse stadtpolitische Kreise um das Straßenamt eine klare Positionierung verwehrten, wodurch es im Vorfeld zu völlig absurden Verzögerungen kam, die das Projekt gefährdeten. Ganz bewusst wurde gegen die einstimmige Entscheidung des Stadtsenats gearbeitet und wurde Mario Eustachio beinahe zum „Stolperstein.“ „Es ist eine Tragödie, wie viele Steine einen in den Weg gelegt werden,“ so die Kulturstadträtin Lisa Rücker. Der Weg den Lauftext entlang zum Griesplatz hat mehr als symbolträchtigen Charakter, in Zeiten wo türkische Einrichtungen in 1010 Wien rechtsnationalen Attacken zum Opfer fallen und man privatrechtliche Sicherheitsunternehmen, wie die G4S, trotz Foltervorwürfen in Südafrika, für das Schubhaftzentrum Vordernberg unter Vertrag nimmt. Privatisierung entgegen historischem Wissen und der grundsätzlichsten Gefahr der Wiederholung. Wenn nachts Schweinsschädel in zynischen Attacken vor religiösen Zentren deponiert werden, scheint das Wort „Saujud“ am Boden über den Zeitenbegriff hinaus auch mir schmerzhaft lebendig. Wörter und Sätze bleiben mir im Schritt während der Regen den Asphalt graut und die Wortfolgen immer wieder verschwimmen. Da drüben steht sie wieder, die wiedererrichtete Synagoge - und davor ein öffentliches grafisches Kunstwerk von Bernhard Wolf aus der Serie „mural“, dass mich beinahe magisch in die Zeitenabfolge zieht. Es wäre immer wieder an der Zeit, sich über Zeit und ihre Ausrichtungen hinaus zu veranschaulichen, was am Eingang der Synagoge steht „ ...für alle Völker.“ Ob die Zeit Wunden heilt, während neue geschlagen und vorbereitet, kann nur aus dem Augenblick und seiner historischen Distanz heraus gleichzeitig beantwortet werden ... und das so öffentlich, wie nur irgendwie möglich.

Bildrechte: (C) Victoria Kumar
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[Kolumne/n.nagy/11.11.2013]





    Kolumne/n.nagy


    06.11.2017 Flüchtig

    05.10.2017 Who can it be NOW?

    01.09.2017 Kurz oder Lang

    31.07.2017 Konzentriert Euch

    20.07.2017 Kunst: eine Verantwortung

    12.06.2017 Weisses Papier

    17.05.2017 Salz im Tanz

    04.04.2017 Es wurmst

    07.03.2017 Two for Twelve

    08.08.2016 Micro Galleries

    22.07.2016 Pubculture

    21.06.2016 Spiel und die Welt

    12.05.2016 Friendly Alien

    25.04.2016 Spielfelder

    04.03.2016 WE COME AS FRIENDS

    26.02.2016 Sound the beast

    09.02.2016 Free China

    13.12.2015 Happy?

    10.11.2015 SPIELFELD

    16.10.2015 Mein K(r)ampf

    14.10.2015 Die Revolution frisst - Vereine die gerne AGs wären

    13.07.2015 Der Fremde

    10.06.2015 Vagabunden

    20.03.2015 An-Statt-TV-Land

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    28.01.2015 Zabriskie Point: davor und danach

    12.12.2014 Xmas3

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    23.09.2014 Dort – wo uns die Sprache erfindet

    27.08.2014 Zukunft war gerade – und jetzt!

    06.06.2014 Ein Sonntag im Mai

    29.04.2014 Damals - Zeiten der Unruhe

    24.03.2014 Krieg - Art

    14.02.2014 Cooperale

    11.11.2013 Straßennarben

    10.10.2013 Das blaue Wunder - eine Brücke

    05.09.2013 Belämmert mich - nicht.

    05.08.2013 Take Care – cam me free

    06.07.2013 Kunst-Aufwertung

    03.06.2013 Über Kinder der Iris

    13.05.2013 Grundlagen. Wer lehrte die Biene?

    27.03.2013 Venedig

    08.03.2013 HAARP - Harfenspieler

    29.01.2013 Keine Angst

    06.12.2012 Der Hofer wars ...

    29.11.2012 Sieben

    08.10.2012 Flashmobbing

    07.09.2012 Club-Subculture again

    02.08.2012 Keplerkoje - Gnadenlose Flut

    25.07.2012 Zuviel Hitze

    02.07.2012 Erdbeweger

    18.05.2012 LEND WIRBELT

    10.04.2012 Sturm - Kratzer am Meer

    27.03.2012 Aufruf des Erinnerns (Iden des März)

    16.02.2012 2nd Floor - stadtmuseum

    23.01.2012 Neue Heimat

    04.01.2012 Das verborgene Museum

    29.11.2011 Bleibt Papier geduldig?

    03.11.2011 Macht Platz

    19.09.2011 Much too Much . Zuviel ist Zuviel

    02.08.2011 Gries-Gardening

    18.07.2011 Eine „Annen4elfolge“

    29.06.2011 Arbeit macht über die Freiheit der Kunst freier

    26.04.2011 ...oder dem Tanz das Töten verging

    22.02.2011 3-25 ist -23

    10.01.2011 Minus 18-25

    06.12.2010 United - und eine Diagonale

    12.10.2010 “Better Together”

    24.08.2010 Smok-ie

    27.07.2010 Grauschleier „Sport und Brötchen statt Drogen“

    07.07.2010 Urbanes Verhandeln

    31.05.2010 Es gilt die Unschuldsvermutung

    30.03.2010 Black is Black

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    02.02.2010 "Jojo"

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    15.12.2009 Theater der Unterdrückten - das Weltforum-Theaterfestival aus Graz

    15.11.2009 Schatz des Arif

    30.10.2009 Mur-Boal

    30.09.2009 Hanedke

    13.09.2009 Daheimatlos

    08.08.2009 Parkland

    08.08.2009 Daheimatlos

    10.06.2009 Kunst sollte man auch kaufen

    05.05.2009 Einmal Arbeit genügt.

    14.04.2009 Akademie Ortlos

    09.03.2009 Frühlingsverfolgen

    02.12.2008 Transkaukasische U-Boote

    08.10.2008 Shanti-Kunstsitzen

    12.09.2008 BECAUSE

    10.07.2008 REGIONAL (e)

    27.06.2008 Frühsommerspiele

    08.04.2008 Nico will es wissen

    05.03.2008 Alles Schall und Rauch

    05.03.2008 Die üblichen Verdächtigen

    23.02.2007 Über fall?

    05.07.2006 Bürgerwehren, Bettler und Fremde I

    04.07.2005 Nicht jeder ist eine Minderheit?

    13.06.2005 Gugi TV

    31.03.2005 Frühlingserwachen

    09.03.2005 Alles Lug ..?

    25.02.2005 Frauen in die Küche – Keller unter Wasser

    31.01.2005 „Melodie“

    25.01.2005 Amen Dschijas

    10.11.2004 Mr. President

    05.10.2004 Zeit der Zigeuner Teil II

    04.10.2004 Zeit der Zigeuner (1. Teil)

    22.09.2004 Adieu Marius

    14.09.2004 He romare!

    09.09.2004 Vielleicht kalt duschen .....

    28.07.2004 GRAZ ERZÄHLT

    21.07.2004 Aufgabe: „Alavitien“

    24.06.2004 Wie du sagen „Kassa"

    09.06.2004 Kindermusiker oder der Bürgermeister, der Pfarrer und die Diva

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