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An-Statt-TV-Land
Unmittelbar während der Diagonale packt mich die Reiselust. Nicht, dass ich nicht gerne über den Spiel- oder Dokumentarfilm nach Elsewhere verreisen möchte, nein, viel lieber nutze ich die vielseitigen Inspirationkader, um selbst wieder auf Reisen zu gehen. Und wenn ich zur Diagonale irgendwohin anreisen müsste, wäre das auch kein Problem – im Gegenteil. Aber wer bekommt nicht gerne Besuch nach Graz? Ich sehe die Diagonale sogar als Anlassfall, mich nach Jahren körperlich wie filmisch wieder aus Graz kreativ hinauszubewegen. Tobias Moretti, dem ich die Lampen tragen durfte, erhielt den Schauspielerpreis und Karl Markovits eröffete das diesjährige Festival - fehlte nur noch der Hund, mit dem alles begonnen hat. Nachdem das Abgelehnt-Festival nicht weiter stattfand, warten die Filmschaffenden hierzulade auf das Statt-TV und seine Durchsetzung. Im Angesicht der Einspar- und Verhinderungsmentalitäten, die das Produzieren von Filmen nach der Flecker-Kocuvan-Ära finanztechnisch schwierig bis nahezu unmöglich gestaltet, stellt sich für mich die Frage nach der Kosten-Nutzenrelation eines permanent installierten Festivals. Das sich die Produktionsbedingungen der heimischen Filmschaffenden drastisch verschlechtern ist bekannt, von Querfinanzierungen, die das Kunstbudget aushöhlen und Kommerzprogramme bedienen, will ich aus eigener Erfahrung heraus gar nicht reden. Was bleibt als zu Schweigen - und zu gehen. Soweit ich selbst mit meinem letzten Film “UG” in diese Versuchung schlitterte, weiss ich zu gut aus eigener schmerzhafter Erfahrung. Ich dachte dabei auch schon daran, über die steirische Filmförderung einen Film zu drehen. Aber es könnte sich dabei herausstellen, es fehlt mir an Lust, das eigene Scheitern auch noch selbst filmisch festzuhalten. Die steirische Kunstfilmförderung hatte sich ja verpflichtet, kritische und künstlerisch anspruchsvolle Arbeiten zu fördern. Dazu gehören ebenso Musikfilme, Clips und Kunstdokus aus dem Bereich der Video-Kunstszene. Filme, die nicht über Namenslisten sondern über die inhaltliche Positionierung vergeben werden sollen. Dabei sollte man den Steiermark-Bezug bitte nicht zu ernst nehmen. Strafexekutionen über Mittelvergabe mit fadenscheinigen Ausreden und nichtsagenden Begründungsszenarien machen dabei wenig Sinn. Ebenso ist die Beiratsbesetzung im Hinblick auf Eigenfinanzierung eigner interfamiliärer Firmenprofile zu hinterfragen. Eine Versorgung über Proporz und politische Intervention sind nichts unmittelbar Neues, aber völlig unzeitgemäß. Immer wieder fällt der Begriff Lobbying. Als Filmemacher darf ich auf die Anonymität und die Unabhängigkeit des Stoffes und der Filmidee pochen, dass die Vergaberichtlinien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Termine weitgehend eingehalten werden – die ich als Filmschaffender und Überlebenskünstler einfordern darf und muss. Es kann nicht sein, dass “Vorgriffe” und “Übergriffe” in bestehende Budgets eine verlässliche und zielführende Arbeitsweise nahezu unmöglich machen und dass dubiose Zusagen und Versprechungen am Bartresen sich als reine Nullversprechungen heraustellen – ein gewisser existentieller Zynismus schwingt sicher mit der Frage mit, wer da wen exekutieren will. Aber das läuft offenbar im großen Stil. Inwieweit das Filmkunstbudget und in welcher Höhe überhaupt noch vorhanden ist, kann ich zur Zeit schwer ausmachen, da die verschiedensten Meldungen kolportiert werden – direkt aus der Abteilung heraus wurden für das gesamte Jahr 2015 über den Wirtshaustisch nur noch 38500 Euro kolportiert, aber im Angesicht der fortgeschrittenen Stunden, will ich das nicht todernst nehmen müssen. Und von Schweigegeboten diesbezüglich gar nicht zu reden. Angeblich war das Filmbudget bereits auf die Hälfte gekürzt worden, die Abteilung letztes Jahr “gerettet”, zu welchen Konditionen auch immer. Mit der Diagonale hat das grundsätzlich nichts zu tun, außer, dass auch aus diesem Topf der A9 Föderungen ausbezahlt werden. Wer sich dann von wo im Rahmen der Budgetverknappung an das Budget heranwagt, sieht man in den Abrechungen und Vergabensummen erst hinterher. Tatsache ist, dass der ursprünglich geleistete Investitionsschub, der mit der Gründung einer Kunstfilmföderung entstanden ist, heute in seiner Geamtheit zu hinterfragen und zu überprüfen wäre. Wo ist die Million Kunstfilmförderung hingekommen? Dabei will ich das Wort “Zensur” nur leise andenken, weil es im Raum schwebt. Eine starke Kunstfilmförderung schafft festivaltaugliche Produktionen, egal wie und wo sie gezeigt werden. Film trägt sicher kein Schweigegelübde in sich, auch wenn wenn seine Verhinderung unmittelbar näher an der Linse schiebt, als man vermuten möchte. Mir vorgehaltene Kontrollzwangmuster darf ich mit dem Slogan “Frankfurter lebt” ausweichen, einer der die Diagonale ja nach Graz holte. Ein eigenes Statt-Tv kann diese Szenarien dann ausloten. Ob das dem ORF und seinen Anverwandten recht sein will, kann ich nur vermuten. Ein kritischer unabhängiger TV-Sender wird die hier aufgeworfenen Fragestellungen sicher aufwerfen und prüfen, wie die Budgetkürzungen im Kultur- und Sozialbereich überhaupt. Die Auseinandersetzung über die Diagonale hinaus darf dem Filmschaffen zuliebe beginnen. Persönlich übe ich mich in weitgehender Unabhängigkeit und darf auf diesem Weg meine Filmwerkschau / 16 Filme im April und Mai 2015 ohne einen Subventionseuro in der Les Editions ARTFABRIK bekanntgeben. Die dort gezeigten Filme wurden zum Teil dankend von der Cine Art u.a. in ihrer Herstellung ermöglicht. Es liegt mir nicht daran, die Filmkunst hier aus der Subventionierung herauszuschälen, gehe aber bewusst in eine Gegenbewegung, um bei aller Anbiederung von Nutzniesertum doch meine Arbeit als Film- und Kulturschaffender zu gewährleisten. Die Reise kann also beginnen und im besten Fall kommt ein Film heraus.
(c) commons.wikimedia.org/wiki/File:PM5544_with_non-PAL_signals.png>...
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[Artikel/n.nagy/20.03.2015]
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